Was Unternehmen jetzt wissen müssen
Barrierefreiheitsgesetz (BFSG) ab Mitte Juni 2025:
Ab dem 15. Juni 2025 tritt in Deutschland das neue Barrierefreiheitsgesetz (BFSG) in Kraft. Dieses Gesetz zielt darauf ab, die digitale Barrierefreiheit zu verbessern und Menschen mit Behinderungen einen uneingeschränkten Zugang zu digitalen Dienstleistungen und Produkten zu ermöglichen.
Doch was bedeutet das konkret für Ihr Unternehmen? Hier erfahren Sie, welche Anforderungen das BFSG stellt und wie Sie sich optimal darauf vorbereiten können.
Das wichtigste auf einen Blick:
Was ist das Barrierefreiheitsgesetz (BFSG)?
Das BFSG verpflichtet Unternehmen, ihre digitalen Angebote so zu gestalten, dass sie für alle Menschen, unabhängig von ihren körperlichen oder kognitiven Fähigkeiten, zugänglich sind. Dies betrifft unter anderem Websites, mobile Anwendungen, Selbstbedienungsterminals und E-Commerce-Plattformen. Ziel des Gesetzes ist es, die Teilhabe aller Menschen am digitalen Leben zu gewährleisten und bestehende Barrieren abzubauen.
Welche Anforderungen stellt das BFSG?
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Barrierefreie Websites und Apps: Websites und mobile Anwendungen müssen den internationalen Standards für Barrierefreiheit (WCAG 2.1) entsprechen. Dazu gehören unter anderem klare Strukturierung, alternative Textbeschreibungen für Bilder und eine einfache Navigation.
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Zugängliche Dokumente: Alle online verfügbaren Dokumente, wie PDFs und Formulare, müssen barrierefrei gestaltet sein. Das bedeutet, sie müssen mit Screenreadern lesbar sein und eine logische Struktur aufweisen.
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Untertitel und Audiodeskriptionen: Videos und Multimedia-Inhalte müssen mit Untertiteln und, wenn möglich, mit Audiodeskriptionen versehen werden, um auch hör- und sehbehinderten Menschen Zugang zu den Informationen zu ermöglichen.
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Barrierefreie Selbstbedienungsterminals: Terminals wie Geldautomaten, Fahrkartenautomaten und Informationskioske müssen so gestaltet sein, dass sie von Menschen mit Behinderungen problemlos genutzt werden können.
Wann ist meine Website barrierefrei?
Barrierefreiheit im Web bedeutet, dass Websites so gestaltet sind, dass sie von allen Menschen genutzt werden können, unabhängig von ihren körperlichen oder kognitiven Fähigkeiten. Eine barrierefreie Website ermöglicht es Personen mit Behinderungen, uneingeschränkt auf Inhalte zuzugreifen und diese zu nutzen. Aber was genau macht eine Website barrierefrei? Hier sind die wichtigsten Kriterien:
Wahrnehmbarkeit
- Textalternativen für Nicht-Text-Inhalte: Bilder, Videos und andere Medieninhalte müssen mit Textalternativen versehen sein, damit sie von Screenreadern vorgelesen werden können.
- Unterscheidbare Inhalte: Farben und Kontraste sollten so gewählt sein, dass Texte und Grafiken gut erkennbar sind. Inhalte sollten auch ohne Farbunterscheidungen verständlich sein.
- Einfache Struktur: Überschriften, Listen und andere Strukturelemente sollten sinnvoll eingesetzt werden, um die Inhalte logisch zu gliedern und die Navigation zu erleichtern.
Bedienbarkeit
- Tastaturbedienung: Alle Funktionen der Website müssen über die Tastatur zugänglich sein, ohne dass eine Maus erforderlich ist.
- Navigation und Orientierung: Die Website sollte eine klare Navigationsstruktur haben. Eine Sitemap, eine Suchfunktion und eine Breadcrumb-Navigation helfen Nutzern, sich zurechtzufinden.
- Zeitbasierte Medien: Für Videos und Audiodateien sollten Untertitel, Transkripte und gegebenenfalls Audiodeskriptionen zur Verfügung gestellt werden.
Verständlichkeit
- Einfache Sprache: Texte sollten in einer klaren, einfachen Sprache verfasst sein. Fachbegriffe und Abkürzungen sollten erklärt werden.
- Vorhersehbare Benutzeroberfläche: Die Navigation und Interaktionselemente sollten konsistent und vorhersehbar sein. Änderungen der Benutzeroberfläche sollten nicht plötzlich und ohne Hinweis erfolgen.
- Hilfestellungen und Fehlervermeidung: Formulare und andere interaktive Elemente sollten klare Anweisungen und Hilfestellungen bieten. Fehler sollten deutlich markiert und leicht korrigierbar sein.
Robustheit
- Kompatibilität mit Hilfstechnologien: Websites sollten mit verschiedenen Browsern und Hilfstechnologien wie Screenreadern, Braillezeilen und Spracherkennungssoftware kompatibel sein.
- Zukunftssicherheit: Der Code der Website sollte nach den aktuellen Webstandards erstellt werden, um sicherzustellen, dass sie auch mit zukünftigen Technologien und Updates kompatibel bleibt.
Welche Folgen hat ein Nichtbeachten der Anforderungen?
Unternehmen, die die Anforderungen des BFSG nicht erfüllen, müssen mit erheblichen Konsequenzen rechnen:
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Rechtliche Sanktionen: Es drohen Bußgelder und andere rechtliche Maßnahmen. Diese können nicht nur finanziell belastend sein, sondern auch den Ruf des Unternehmens erheblich schädigen.
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Kundenzufriedenheit und -verlust: Menschen mit Behinderungen machen einen erheblichen Teil der Bevölkerung aus. Werden deren Bedürfnisse ignoriert, kann dies zu einem Verlust von Kunden und einem negativen Image führen.
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Wettbewerbsnachteil: Unternehmen, die die Barrierefreiheitsanforderungen nicht erfüllen, riskieren, im Wettbewerb zurückzufallen. Barrierefreiheit ist ein Qualitätsmerkmal, das zunehmend an Bedeutung gewinnt.
Ist mein Unternehmen betroffen?
Das BFSG gilt für eine breite Palette von Unternehmen und Einrichtungen:
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Öffentliche Stellen: Behörden und öffentliche Einrichtungen sind verpflichtet, ihre digitalen Angebote barrierefrei zu gestalten.
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Privatwirtschaftliche Unternehmen: Insbesondere große Unternehmen und solche, die digitale Dienstleistungen anbieten, müssen die Anforderungen erfüllen. Dazu gehören Banken, Versicherungen, Telekommunikationsanbieter, E-Commerce-Plattformen und Dienstleistungsunternehmen.
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KMUs: Kleine und mittlere Unternehmen sind nicht grundsätzlich ausgenommen. Auch sie müssen, abhängig von ihrer Tätigkeit und ihrem Kundenkreis, barrierefreie Angebote sicherstellen.
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Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen: Schulen, Universitäten, Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen müssen ebenfalls sicherstellen, dass ihre digitalen Angebote barrierefrei sind.
Ausnahmen vom Barrierefreiheitsgesetz (BFSG)
- Kleinstunternehmen
Kleinstunternehmen, die weniger als 10 Mitarbeiter beschäftigen und einen Jahresumsatz oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 2 Millionen Euro haben, sind grundsätzlich vom BFSG ausgenommen. Diese Regelung soll kleinen Betrieben die finanzielle und administrative Belastung erleichtern, die mit der Umsetzung der Barrierefreiheitsanforderungen einhergeht. - Nichtöffentliche Einrichtungen
Nichtöffentliche Einrichtungen, die keine wesentlichen Dienstleistungen für die Allgemeinheit anbieten, fallen ebenfalls unter die Ausnahmen. Dazu zählen beispielsweise Vereine oder private Organisationen, deren digitale Angebote sich nur an einen eingeschränkten Nutzerkreis richten und keine wesentliche Bedeutung für die allgemeine Öffentlichkeit haben. - Bestimmte kulturelle und historische Institutionen
Einige kulturelle und historische Institutionen, insbesondere solche, die digitalisierte historische Dokumente, Archive oder Sammlungen anbieten, können ebenfalls von den BFSG-Anforderungen ausgenommen sein. Hierbei wird berücksichtigt, dass die Digitalisierung und barrierefreie Aufbereitung historischer Dokumente besonders aufwendig sein kann. - Sonderregelungen für Übergangsfristen
Unternehmen, die sich in einer Übergangsphase befinden oder deren digitale Angebote aufgrund technischer Einschränkungen nicht sofort angepasst werden können, können unter bestimmten Umständen eine befristete Ausnahmegenehmigung erhalten. Diese Übergangsfristen sollen den Betroffenen ermöglichen, die notwendigen Anpassungen schrittweise vorzunehmen, ohne die betriebliche Kontinuität zu gefährden.
Auch wenn ein Unternehmen oder eine Einrichtung grundsätzlich von den BFSG-Anforderungen ausgenommen ist, empfiehlt es sich dennoch, Barrierefreiheit als Qualitätsmerkmal zu betrachten und gegebenenfalls freiwillige Maßnahmen zu ergreifen. Eine barrierefreie Gestaltung der digitalen Angebote kann die Benutzerfreundlichkeit und Zugänglichkeit für alle Nutzer verbessern und das Unternehmen als sozial verantwortlich und zukunftsorientiert positionieren.
Wie kann ich mich vorbereiten?
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Bestandsaufnahme: Überprüfen Sie Ihre bestehenden digitalen Angebote und identifizieren Sie Barrieren. Welche Bereiche Ihrer Website oder App sind nicht barrierefrei? Welche Dokumente müssen angepasst werden?
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Schulung und Sensibilisierung: Schulen Sie Ihre Mitarbeiter in den Prinzipien der Barrierefreiheit und sensibilisieren Sie sie für die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen.
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Zusammenarbeit mit Experten: Ziehen Sie Barrierefreiheits-Experten und Testpersonen mit Behinderungen hinzu, um Ihre digitalen Angebote zu überprüfen und zu verbessern.
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Kontinuierliche Verbesserung: Barrierefreiheit ist ein fortlaufender Prozess. Planen Sie regelmäßige Überprüfungen und Anpassungen Ihrer digitalen Angebote ein, um den Anforderungen des BFSG gerecht zu werden.
Sie benötigen Unterstützung bei der Umsetzung?
Wir unterstützen Sie gerne dabei, die Barrierefreiheit Ihrer Website zu evaluieren und geeignete Maßnahmen zu ergreifen